Wie das hässliche Entlein zur Romanheldin wird

Leichtfüßig und phantasievoll erobert sich die kleine, unscheinbare und etwas durchgeknallte Romanheldin Bica die Herzen der Leser. Aus ihrer Sicht schildert der Autor, wie sie sich von Kindheitsmustern, ihrer verstorbenen Mutter und Männeridealen verabschiedet und schließlich …das verrate ich nicht. Das Buch ist durchweg spannend und fasziniert immer wieder durch einen nahen und authentischen Schreibstil und wunderbare Einfälle. Ein Beispiel:

„Stiefpapa Numero 6 (1,84 m, falls er sich mal gerade hielt; trank am liebsten den Kaffee an der Raststätte Schauinsland)“
Mit diesen zwei Informationen rastert Bica alle Menschen in ihrem Umfeld: Wie groß ist er oder sie und wie steht er oder sie zum Kaffee?

Im ersten Drittel hielt mich eine erstaunliche Tatsache im Bann: Die tote Mutter des Zimmermädchens Bica ist wieder da. Sie war eindeutig gestorben, begraben (nur Bica klaute die Urne mit der Asche) und sitzt doch leibhaftig in Bicas Wohnung. Bica steht absolut unter Strom. Sie muss nicht nur verhindern, dass die Mutter ihre Arbeit als Hausdame wieder aufnimmt, sie muss auch dafür sorgen, dass sie selbst ein Kind bekommt. Denn ihre Mutter behauptete, dass Eltern erst sterben dürfen, wenn ihre Kinder Kinder haben. Ständig fragt man sich als Leser, ist die Mutter nun wieder da, oder ist sie nicht? Wie löst Paul Mesa diese Situation auf?

Er schreibt konsequent aus der Sicht Bicas. Führt den Leser mit Liebe zum Kaffee in die Untiefen von Bicas Gedanken- und Gefühlswelt und durch das großartige „Schoßhotel“. So dass ich ab dem zweiten Drittel nur noch wissen wollte: Schafft Bica die Rückkehr in die normale (manchmal vielleicht langweilige) Welt? Liebe, Kaffee, Musik und Portugal geben dem Roman die Würze – von Anfang bis zum Ende ein Lesevergnügen. Einziger Kritikpunkt: der männliche Held am Schluss ist vielleicht zu dick aufgetragen. Mehr verrate ich nicht.

„Die kleine Göttin der Unfruchtbarkeit“ von Paul Mesa erscheint am 1.12.2011 im Rowohlt Taschenbuch Verlag

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