Prosa

weiß

Heute schreibe ich nicht am Bildschirm, nicht auf ein frisches leeres Blatt Papier. Heute bleibt das Papier leer.
Das weiße Blatt starrt mich an und sagt: „Das nennst du leer?“
Ich zögere.
„Wenn die Leere weiß ist, dann ist sie nicht leer“, sagt das Blatt.

Dieses Weiß hat etwas Erhabenes und Reines. Obwohl das Weiß nicht reinweiß ist. Auch nicht Vanille oder Magnolie. Eher wie das Weiß der Margeritenblüte oder der heiligen Hortensien. Weißer Flieder wird leicht dreckig, wenn Einzelblüten verblühen. Dieses Weiß meine ich nicht.
Mein Leben ist auch nicht mehr weiß, obwohl ich Menschen kenne, die sich leicht wieder in einen weißen unschuldigen Zustand versetzen können.
Das leere Blatt ist unschuldig. Als solches zeugt es von Respekt, dass ich es heute weiß lasse. In dem ich diese Gedanken auf einen Papierfetzen, auf gebrauchtes Schmierpapier schreibe, dokumentiere ich ihre Vorläufigkeit und ihre private Natur. Diese Wörter sind für niemanden bestimmt. Nicht einmal für mich. Sie hinterlassen keine Spuren. Sie purzeln einfach durch meine Hand und meinen Füller auf Schmierpapier. So wie beim Nießen kleine Tropfen Schleim in die Umgebung spritzen, die wir bestensfalls in der Spüle mit etwas Wasser in den Abfluss schicken. [continue reading…]

Urlaub am Meer by TineMeine Teure,
der Klang deiner Stimme hallt über die Dünen. Ich vermisse dich.
Dein T.

Lieber T.,
Habe eine Wandertaube aufgelesen.
Sie lahmte am rechten Fuß.
Ich fütterte sie mit Brosamen
und gebe ihr Botschaften mit.
Deine Liebe vom Sommer

Meine Teure,
Heute ließ ich Drachen steigen mit den Kindern. Ihr Lachen klang wie das Zwitschern an dem Morgen nach unserer ersten Nacht. [continue reading…]

Wenn die Zeit stillsteht

Unter Linden auf dem Hügel flattern weiße Decken im Wind. Sie zieren eine lange Tafel. Die vielen Stühle leer, Gläser und Teller wie hingeworfen, weggeschoben, nicht mehr gebraucht, unnütz, verdreckt. Der Morgen reinigt die Nacht. Breitet sich aus über dem Tal. Am Rande stehen wir und sehen auf die Schlucht. Tiefeingeschnitten, malerisch, zu schön um nah zu sein.

„Das Leben ist wie das Wasser in dieser Schlucht“, sagst du. „Es gräbt sich ein, immer weiter, unaufhaltsam, unumkehrbar.“

„Dann lass uns sie Zeit anhalten“, erwidere ich.

[continue reading…]

Diese Website benutzt Google Analytics. Bitte klicke hier wenn Du nicht möchtest dass Analytics Dein Surfverhalten mitverfolgt. Hier klicken um dich auszutragen.